Der Genaralbundesanwalt als Sprachrohr der Bundesregierung
Kritik der Nicht-Einleitung von Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt
(GBA) aufgrund der Strafanzeigen vom November/Dezember 2015 gegen Merkel &
Co wegen des Einsatzes der Bundeswehr in Syrien
Mehr als ein halbes Jahr hat der GBA benötigt, um denjenigen, die Ende
November/Anfang Dezember 2015 eine Strafanzeige gegen Merkel & Co wegen
Verstoßes gegen § 80 StGB erstattet hatten, einen ablehnenden Bescheid zu schicken.
Dass dieser Bescheid juristisch auf tönernen Füßen steht, wird im Folgenden dargelegt.
Der GBA formuliert zunächst sehr richtig: „Nach § 80 StGB macht sich strafbar, wer
einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik
Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die
Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.“ versucht aber direkt im Anschluss daran, die
Eindeutigkeit des Artikel 26 (1) GG und des § 80 StGB zu relativieren, indem er
schreibt: „Aus Artikel 26 (1) GG lässt sich ableiten, dass die Vorbereitung eines
Angriffskrieges als Unterfall solcher verfassungswidriger Handlungen angesehen wird.“
Bei der Eindeutigkeit des Artikel 26 (1) GG: „ – insbesondere die Führung einesAngriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig“ muss nicht „abgeleitet“ werden und auch kein „Unterfall“ konstruiert werden!
Gleich darauf folgt der zweite untaugliche Versuch der Relativierung: „Es ist allgemein
anerkannt, dass der Straftatbestand angesichts des verfassungsrechtlichen
Bestimmtheitsgebots (Artikel 103 Abs. 2 GG) und unter Berücksichtigung der
historischen und systematischen Hintergründe einschränkend interpretiert werden
muss.“ Hier den Art. 103 (2): „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit
gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“, zur Abwiegelung
heranzuziehen ist geradezu grotesk, denn dass die Strafbarkeit der Vorbereitung eines
Angriffskrieges gesetzlich durch den § 80 StGB bestimmt war, bevor die Tat begangen
wurde, ist Tatsache. Und ein Angriffskrieg bleibt auch „unter Berücksichtigung
historischer und systematischer Hintergründe“ ein Angriffskrieg. Da dem so ist, versucht
der GBA im weiteren Verlauf der Begründung seiner Untätigkeit, den Marschbefehl für
die Bundeswehr in das Staatsgebiet Syriens als nicht „strafbewehrte kriegerische
Aggression“ darzustellen, z.B. in dem er sich zu der Formulierung versteigt: „dass ein
strafrechtlich relevanter Angriffskrieg erst dann vorliegt, wenn eine offenkundige und
schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts zu konstatieren ist.“ Mit anderen Worten:
ein Mord ist erst dann strafrechtlich relevant, wenn er offenkundig und schwerwiegend
ist.
Weiterhin bemüht der GBA – genau wie die Bundesregierung – die UN-Resolution
2249 (2015), um zu suggerieren, dass der Bundeswehreinsatz gerechtfertigt sei. Dass
das nicht der Fall ist, geht aus genau dieser Resolution hervor, in der es u.a. heißt: „ …
erneut erklärend, dass die Mitgliedsstaaten sicherstellen müssen, dass sämtliche von
ihnen ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus mit allen ihren
Verpflichtungen nach dem Völkerrecht, insbesondere den internationalen
Menschenrechtsnormen, dem Flüchtlingsvölkerrecht und dem humanitären Völkerrecht,
im Einklang stehen.“ Spätestens hier muss jedem klar sein, dass der Marschbefehl für
die Bundeswehr in das Staatsgebiet Syriens vom Völkerrecht nicht gedeckt sein kann,
da die Regierung Syriens keinen Staat außer Russland um Hilfe im Kampf gegen den
Terrorismus ersucht hat. Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass es für den
Tatbestand des Völkerrechtsbruchs unerheblich ist, ob es sich bei dem Eindringen in
das fremde Staatsgebiet um Bodentruppen oder um Luftwaffeneinheiten handelt. Der
GBA versucht durch die Einlassung: dass der „Einsatz der Bundeswehr [… ] ein nicht
mehr durch den syrischen Staat kontrolliertes Gebiet betrifft, …“ den Begriff des
‚Staatsgebiets‘ zu relativieren, was völkerrechtlich zumindest fraglich ist, besonders im
Hinblick darauf, dass die von deutscher Seite eingesetzten Luftwaffeneinheiten incl. der
mit teils deutscher Besatzung agierenden AWACS-Aufklärungsflugzeuge, die auch
Zielkoordinaten weitergeben, syrischen Luftraum nutzen.
Juristisch gesehen ist folgender Satz völlig unhaltbar: „Unabhängig davon, ob – wofür
unter Berücksichtigung des aktuellen völkerrechtlichen Diskussionsstandes gute
Gründe sprechen – die Resolution 2249 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten
Nationen vom 20 November 2015 oder das Recht auf kollektive Selbstverteidigung
gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen eine völkerrechtliche Legitimation
der in Rede stehenden militärischen Maßnahmen darstellen, haben die für den
Bundeswehr-Einsatz verantwortlichen Regierungsmitglieder und Parlamentarier im
Rahmen des ihnen zustehenden politischen Ermessens gerade in der Absicht
gehandelt, nach den blutigen Anschlägen in Paris vom 13. November 2015 Frankreich
beizustehen und weitere terroristische Angriffe dieser Art zu unterbinden.“ Hier wird
nicht argumentiert, sondern schlicht der Bundesregierung nach dem Mund geredet. Ein
Jurist sollte zwischen örtlichen kriminellen Handlungen und einem kriegerischen Angriff
von außerhalb auf einen Staat unterscheiden können. Der Absicht, „nach den blutigen
Anschlägen in Paris vom 13. November 2015 Frankreich beizustehen“, ist
selbstverständlich beizupflichten. Nur, die mutmaßlichen Attentäter vom 13. November
2015 in Paris stammten laut polizeilicher Aussage aus Belgien und Frankreich. Hier war
polizeiliche und u.U. geheimdienstliche Hilfe angesagt. Die Verbindung der
mutmaßlichen Attentäter zum ‚Islamischen Staat‘ ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen
worden. Warum muss der mutmaßliche Hintergrund der mutmaßlichen Attentäter
gerade in Syrien mit militärischen Mitteln und gegen den Willen der syrischen Regierung
bekämpft werden? Dazu macht der GBA keinerlei Aussagen. Die Bundesregierung
ihrerseits weiß sicherlich sehr genau, wie der sog. ‚Islamische Staat‘ (IS) wirksam
bekämpft werden könnte, nämlich durch Austrocknung der finanziellen und materiellen
(Waffen etc.) Quellen dieser Milizen. Doch dazu müsste die deutsche Regierung
eingestehen, dass sie indirekt die Feinde Assads, also auch den IS, jahrelang
unterstützt hat und sie müsste genau das Gegenteil von dem tun, was sie bisher getan
hat, nämlich Assad unterstützen anstatt ihn zu bekämpfen.
Dass der GBA, als politischer Beamter, leider nur das Sprachrohr der Bundesregierung
ist und kein unabhängiger Vertreter der ‚3. Gewalt‘, wird vollends im letzten Absatz des
Ablehnungsschreibens des GBA deutlich: „Ferner hat die Bundesregierung im
genannten Antrag betont, das Vorgehen sei „eingebettet in einen breiten politischen
Ansatz, der von der großen Mehrheit der Staatengemeinschaft getragen wird und der
auf politischer, diplomatischer, humanitärer, entwicklungspolitischer, militärischer und
rechtsstaatlicher Ebene wirkt.“ Ein derartiger multinationaler, defensiv ausgerichteter
und von vielfältigen politischen Initiativen flankierter Militäreinsatz wird vom
Strafbestand des § 80 StGB nicht erfasst.“ Dazu kann man nur noch Berthold Brecht
zitieren: „Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er genügend große Ausmaße
angenommen hat.“ Oder Rolf Hochhuth in seinem Brief vom August 2015 an Merkel
und Gauck: „Ausstieg aus der NATO – oder Finis Germaniae“
Würselen, den 14. Juli 2016, Dr. Ansgar Klein