Rede von Dr. Paul Michels am 2. Juli 2022: „Freiheit für Julian Assange“
Groll und Rache sei vergessen,
unserem Todfeind sei verziehn.
Sagte Friedrich Schiller
damit wir die alte Welt hinter uns lassen
und mit ihr die Angst und die Ängstlichen,
die alles nur noch schlimmer machen.
Julian Paul Assange hat der Welt der Big Data den Spiegel vorgehal-ten als er ihre Untaten aus dem Versteck holte.
Die US-Strafverfolgung verzeiht ihm das nicht. Nicht das Kriegsver-brechen, seine Aufdeckung wird sanktioniert. Ein 105 Jahre altes Ge-setz gegen Spionage ist ihnen gerade recht, um eine Anklage zu ferti-gen. Verfassungsrechtler der USA werten diese Umfunktionierung als mißbräuchliche Verwendung dieses Gesetzes.
Julians Frau Stella Moris wies darauf hin, wie die US-Justiz mit der Whistleblowerin Chelsea Manning umgegangen ist. Sie lieferte viele Enthüllungen an Wikileaks und sollte dafür 35 Jahre in Haft. Massi-ver Druck der Öffentlichkeit ließ dem Weißen Haus keine andere Wahl als eine Herabsetzung dieses Strafmaßes um den Faktor 5.
Obama sorgte sich noch um die Pressefreiheit als er eine strafrecht-liche Verfolgung Julian Assanges wegen der Veröffentlichung dieser Enthüllungen ablehnte. Das schien bei seinem Nachfolger Trump schon keine Rolle mehr zu spielen.
Damit nicht genug: Stella berichtet uns von den Attentatsplänen mit denen der damals getreue Gefolgsmann Trumps, Pompeo, die CIA be-auftragt hat. In Spanien sind der Justiz große Datenmengen in die Hände gefallen, die letztlich zu einer Vorladung Pompeos beigetragen haben. Weniger prominente Beteiligte mußten zugeben, daß sie auf Anweisung der CIA das Ziel verfolgt hatten, Julian zu entführen und zu vergiften.
Zusammen mit der nicht widerrufenen Absicht der US-Justiz, Julian 175 Jahre hinter Gittern verschwinden zu lassen, sollte diese Nach-richt bei uns alle Warnleuchten einschalten, denn sein Leben ist nicht nur durch Isolationsfolter bedroht, es werden offensichtlich heimtük-kische Pläne gegen ihn geschmiedet, die Gesetz und Moral beseite schieben und auch vor seiner Familie nicht halt machen.
Noch im Dezember 21 hatte ein britisches Gericht die Auslieferung Assanges verboten. Ohne Bestandskraft.
Die aktuelle Entscheidung der britischen Innenministerin Patel, Ju-lian auszuliefern, hat unter Journalisten hohe Wellen geschlagen. Sie setzte sich über die Forderungen von Vertretern des Europarats, der OSZE, von fast 2000 Journalisten und 300 Ärzten hinweg, das Verbot der Auslieferung aufrechtzuerhalten.
Kein Programmierer, kein Journalist kann sich vor dem aktuellen Verfolgungsfieber der angelsächsischen Justiz sicher sein. Das setzt der Pressefreiheit wie wir sie kennen einen massiven Dämpfer auf und bedroht sie im Westen in ihren Grundfesten.
Journalisten werden auch erschossen, nicht nur angeklagt. So ist es der palästinensischen Journalistin Shireen Abu Akle ergangen als sie in Jenin für Al Jazeera tätig war. Auf dem Territorium der einzigen Demokratie im Nahen Osten, wie sie selber sagen.
Was hören wir als Lehrmeinung der Schulen des Journalismus? „Sich mit keiner Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten.“ Das kann unmöglich unser Leitlinie sein!
Für uns gibt es keinen anderen Weg, als für das Leben und die sofortige Freilassung von Julian Paul Assange zu streiten.
Das Ziel muß die freie Betätigung und der Schutz aller Whistleblower sein.
Julian Paul Assange hat übrigens morgen Geburtstag. Wer kann, sollte an ihn denken, ihm auf irgendeinem Weg gratulieren oder eine der kursierenden Unterschriftslisten unterschreiben, falls noch nicht geschehen.